Zum Geburtstag bekam ich das Buch: "Warum Frauen nicht einparken und Männer nicht zuhören können" und fraß mich mit Wonne durch die Kapitel. Ich schwankte zwischen wehem Aufschreien und entzücktem Quieken, je nachdem wo es mich getroffen hatte. Als ich zu dem Kapitel kam, bei dem es um das Jagdverhalten des Mannes und dem Erlegen der Beute ging, wurde mir schlagartig klar, was für eine schwerwiegende Bedeutung mein Wäscheständer hat, denn...
Vor ein paar Wochen traf ich im Zug einen Mann, der Gefallen an mir fand und um meine Adresse bat. Wir tauschten Visitenkarten, email-Adressen und die darausfolgende Hochfrequenzmailerei nahm uns gefangen. Man/Frau verliert da schnell den Boden unter den Füßen, und wir brauchten dringend eine Erdung. So vereinbarten wir ein Treffen.
Ich war mehr als nur pubertär aufgeregt, denn was wäre wenn...? oder wenn nicht! ... und überhaupt.
Wir sahen uns und waren recht befangen, aber einander sympathisch. Guter Anfang. Rumlaufen, um Spannung abzubauen, dann "mit den Ästen rauschen", um dem anderen zu signalisieren, dass man sich durchaus seines Wertes bewußt ist. Ein paar Drohgebärden. Dann Provokationen, um eine Berührung ,und sei es ein Knuffen, herauszufordern. Wie fühlt sich der andere an? Kurzum, wir durchliefen die ganze Palette der Höhlenmenschen, die einander zum ersten Mal begegnen und sich beschnüffeln. War wohl immer so und wird auch immer so sein.
Ein gutes Männchen nährt sein Weibchen, das ist seine Aufgabe. Leider mußte ich die Einladung zum Essen ausschlagen, da es mir unmöglich ist, Nahrung zu mir zu nehmen, wenn ich dermaßen aufgeregt bin. Ich hatte den Jäger enttäuscht. Ich hatte ihm die Möglichkeit genommen, sich zu beweisen.
Er machte einen Vorschlag, den ich zu seiner Überraschung annahm. Wir wollten einen Sonnenuntergang am Waldrand. Nun waren wir aber im Asphaltdschungel von Frankfurt und der Wald eine Ecke entfernt. Der Jäger mobilisierte alle Pferdestärken unter der Kühlerhaube und los gings. Den starren Blick auf die untergehende Sonne, den besten Weg kalkulierend, Strategien ausknobelnd, während ich perfekt das Klischee der Höhlenfrau abgab, die sich mit nassen Händen am Autositz festkrallt. Zum Glück bin ich sehbehindert und nehme nur noch bedingt Gefahren wahr.
Als wir einen waldigen Parkplatz mit hängender Zunge erreichten, krallte sich die Sonne zum Abschied noch einmal an den Horizont und ging unter. Das war's .... noch nicht, denn mein Jäger nahm Witterung auf und ortete Sperrmüll, den dort jemand entsorgt hatte. Lachend entdeckte ich ein Doppelbett und nahm Platz, während er einige Wäscheständer aus den Büschen zog. Auch ich habe ein paar von den Dingern daheim, von denen ich mich nicht recht trennen mag, obwohl sie schon so oll sind. Wenn man da die besten Teile miteinander kombinieren könnte! Nun bekam er das Jagdfieber und versuchte seine Beute zu entbeinen. "Aufbrechen" heißt das im Fachjargon. Es fehlte das Werkzeug, aber jetzt war die Gelegenheit zu beweisen, was für ein guter Jäger er ist. Ein ernstes Gesicht, gespannte Armmuskulatur, wildes Knurren, aber die Gelenke wollten nicht brechen. Immer wieder die Beteuerung, wenn er den Werkzeugkasten hätte, dann ...!
Ich sah mich die Nacht fröstelnd auf einem Parkplatz verbringen. Endlich die erlösende Idee. Den Wäscheständer, die sperrige Beute, in den Kofferraum stopfen und den Abend im Warmen miteinander verbringen.
Das nahm ich dankbar an und der Ständer wurde bei mir im Bad deponiert.
An besagtem Samstag, als mir aufging, wie wert- und bedeutungsvoll das Teil ist, ging ich daran die Filetstücke mit einer Eisensäge zu lösen. Ich stieß auf heftige Gegenwehr. Die metallenen Knochen wollten sich nicht so einfach trennen lassen. Wut ist eine gute Antriebsfeder. Auch ich knurrte, sägte, klemmte mir die Finger, riss mehrere Blumentöpfe um. Lachte schallend über meine Verrenkungen. Aber ich habe es geschafft. Das Filet dient nun als Kräutertrockengestell und ist eine Trophäe die ich wohlgefällig und amüsiert betrachte, denn sie hat Geschichte!
© 2002 by Ulrike Geilfus
Erstellt am Fr, 06.09.02, 09:46:09 Uhr.
URL: http://anderssehen.at/alltag/berichte/hallalli.shtml