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Frankfurter Krötenidylle

Ich liebe kleine Ausflüge, habe überhaupt eine Liebe zum Detail und so habe ich ein Auge für die Zwergenidyllen in nächster Nähe. In Frankfurt lebt meine Freundin Ruth mit ihrer Familie. Vor Jahr und Tag erbten sie ein kleines Gartenhäuslein an einem Nidda-altarm und bauten das aus und um. Es wird die Zauberschachtel genannt, da es vom Gartentor aus nach wenig aussieht, aber beim Näherkommen die Fülle bietet. Auch im Garten wächst alles üppig und so saß ich unter dem Plexiglasdach auf der Veranda vor einem vollen Tisch, auf dem die Brombeeren glänzten, Mirabellen mir fast von selbst in den Mund kugelten .... traumhaft. Der Regen trommelte und perlte in die Wassertonnen. Es roch so frisch. Frische Eier von Zwergenhühnern standen stramm in den Eierbechern und kuschelten sich unter kleine filzige Zwergenhüte. Irgendwo im Garten liefen nun barhäuptige Zwerge herum.

Nein, nein, keine Zwerge, aber die Bewohner des Gartens sind schon etwas besonderes und auch klein.

Alles fing wieder mit einer Erbschaft an. Noch lange vor der Zeit der Zauberschachtel kam Max ins Haus. Max war ein alter Schildkröt, dessen Frauchen ins Altersheim mußte und der nun nach Nied umsiedelte und dort auf dem kleinen Rasenstück des Schuppens sein Revier hatte. Mit 50 Lenzen noch ganz Mann fehlte ihm ein Weib und so verging er sich regelmäßig an den Turnschuhen. Seinen Rivalen, einen Ball, bekämpfte er leidenschaftlich. Die Schuhe ließ er sofort links liegen, als Hermine seinen Weg kreuzte. Mittlerweile hatten die beiden den Garten der Zauberschachtel und tummelten sich freudig im Gras. Irgendwann beobachteten die Kinder, wie Hermine ein Loch aushub und Eier legte. Kaum hatte die frisch gebackene Mutter das Gelege zugeschaufelt, gruben die Kinder die Eier wieder aus und legten sie in einen Eimer mit Sand. Nun mußte noch für gleichmäßige Wärme gesorgt werden. 28 Grad .... nach kurzer Überlegung kam die Brutstätte auf den Schreibtisch der Mutter, die grad einen Kurzurlaub machte, und knipsten die Schreibtischlampe an. Schön warm. Nun brauchte es nur noch Zeit.

Ruth staunte über das Arrangement und entsorgte es. Als ein Ei zerbrach, sah sie, daß sich schon etwas entwickelt hatte und so wurde alles wieder in den Eimer geschippt und unter der Lampe postiert. Nach 10 Wochen schlüpften Samstag und Sonntag. Winzige Krötlein! Sie kamen in eine Art Laufställchen, später wurde im Garten ein Kindergarten eingerichtet, damit man die Kleinen auch finden, kontrollieren und vor Raubvögeln schützen konnte. Das Interesse für die Schildkröten war nun endgültig geweckt und Nachbarn brachten ihre Tiere zur Pflege. Viele blieben. Es gab die Bäckerkröte, die auch vier Eier legte. DAnn Schildi mit gewelltem Rand am Panzer, ein Zeichen von Fehlernährung. Annerose verschwand für ein Jahr beim Nachbarn. Es kamen noch Brummer, Doppelpunkt, Esmeralda und Ernesto dazu und Dreibein, die allerdings nicht lange lebte. Alle Tiere überwintern im Garten und im Frühjahr dreht Ruth ihre Runden und zählt die wieder aufgetauchten Kröten. Sogar Überschwemmungen machten den Tieren nichts aus. Max ist weiterhin der Krötenkönig. Er residiert im Kompost, da ist es schön warm. Sobald ein Mensch die Krötenbremse (ein Sperrbrett) überschreitet, kommen die Schildkröten angerannt. Ich hielt diese Tiere immer für extrem langsam, aber ich habe mich getäuscht. Sobald die Kröten sich nähern, heißt es die Zehen in Sicherheit zu bringen oder mit Nachtkerzenblüten abzulenken. Im Garten sitze ich grundsätzlich mit angezogenen Beinen. Jedes Jahr freue ich mich auf den Besuch der Zauberschachtel und den Garten mit den gepanzerten Bewohnern. Wir drehen dann unsere Runde und alle werden mir vorgestellt.

Mittlerweile haben die Zwerghühner einen Hahn, der sich aber noch nicht recht auskennt und abends ins Bett bzw. auf seine Stange gebracht werden muß, aber das ist eine andere Geschichte ....

Ulrike Geilfus

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© 2005 by Ulrike Geilfus
Erstellt am Do, 17.03.05, 09:46:09 Uhr.
URL: http://anderssehen.at/alltag/berichte/idylle.shtml

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