Der Sehbehindertentag 2002 ist zwar schon eine Weile her, aber dieses Thema verfolgt uns wohl ein Leben lang. So mussten wir, mein Mann und ich stark sehbehindert und unsere sehende 16-jährige Tochter eine neue Erfahrung machen.
Wir begaben uns auf eine Einkaufsfahrt in unsere schöne Hauptstadt Berlin. Mit dem Zug kamen wir in Berlin-Schönefeld an und wollten mit dem Bus nach Rudow fahren, um dort mit der U-Bahn zu unserem Ziel zu gelangen. Es stand auch gleich ein Bus vor der Bahnhofshalle. Zielstrebig gingen wir drauf zu, und unsere Tochter schaute auf die Fahrtzielanzeige, gleich seitlich am Bus - nichts - dann vorn über der Frontscheibe - nichts, alles schwarz.
Freundlicherweise, so glaubten wir, öffnete der Fahrer die Tür. Unsere Tochter fragte: "Fahren Sie nach Rudow?", eine barsche Stimme antwortete: "Nö, steht doch groß dran", die Bustür ging wieder zu und der Bus fuhr ab. In diesem Augenblick erspähten unsere Augen die wirklich große, nicht übersehbare Aufschrift. Wir suchten dann die Haltestelle, an welcher "Rudow" dran stand und erlebten das nächste halsbrecherische Hindernis. Die Uhrzeiten standen schön übersichtlich geordnet untereinander, und mit der Lupe oder einem Monokular sicherlich auch gut lesbar, aber die Haltestellen nicht wie gewohnt davor, sondern in Schräglage über den Abfahrtszeiten.
Zum Glück hatten wir ja unsere sehende Tochter dabei. Mit dem Kopf auf der Schulter liegend konnte sie für uns herausfinden, wann der nächste Bus kommt.
Gott sei Dank ist mein Mann Physiotherapeut und konnte so vor Ort den Kopf und Hals wieder richten, und wir hatten doch noch einen schönen Tag in Berlin.
Cornelia Hartmann
Aus: "Die Gegenwart", Zeitschrift des DBSV, Nr. 5, Mai 2004.
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Erstellt am Sa, 20.12.08, 10:46:09 Uhr.
URL: http://anderssehen.at/alltag/berichte/klein.shtml