Nicht so, wie bei unserer Kreuzfahrt, wo uns das Taxi trotz Vorbestellung in Stich ließ, stiegen wir in strömendem Regen in den, bereits auf uns wartenden Wagen und nahmen um 22.50 Uhr einen neuen Erfahrungswert, ein Abenteuer, in Angriff. Wir sollten um 23.30 Uhr beim Busterminal in der Felberstraße sein, um die Fahrt nach Paris zu beginnen. Wenn man genügend Spielraum einplant, gibt es logischerweise keinerlei Stau und so standen wir gut eine halbe Stunde unter einem Vordach, bis wir der Busse ansichtig wurden, welche in den nächsten Tagen unser Fortbewegungsmittel sein sollten.
Meine Frau hatte bei einer Vorführung in einem Restaurant diese Reise gebucht. Einige Wochen vor deren Antritt bekamen wir Gutscheine für das Hotel und reservierte Sitzplätze, was ich äußerst gut finde, da die Streitereien, wer wo und welches Recht hat, gar nicht erst aufkommen können. Wir hatten die fünfte Reihe links zugewiesen bekommen.
Mit der Verspätung einer akademischen Viertelstunde nahmen wir die Strecke in Angriff. Über Linz, Suben, Nürnberg, Saarbrücken, Strasbourg führte die Route nach Paris. Im Laufe des Tages erfuhren wir, dass aufgrund einer fehlerhaften Liste nicht nur neun Personen in Linz vergessen wurden und im strömenden Regen standen, sondern auch kein Hotel für uns bereit stand. So reduzierte der Fahrer auf Befehl des Veranstalters das Tempo und fuhr nach der Mittagspause mit einem Schnitt von 60 kmh dem Ziel entgegen. Das Gemurre steigerte sich zum Aufstand, als uns Alois, so hieß der, sonst sehr fabelhafte Chauffeur, nach 18 Stunden Bustortur noch eine Rundfahrt um den Flughafen Charles De Gaulle aufs Aug drücken wollte. Im Prospekt war ein gutes Hotel in der Stadt Paris angekündigt, der Airport befindet sich in deren Norden, 25 Kilometer vom Zentrum entfernt. Allerdings gehört er zum Großraum der französischen Hauptstadt, sodass man zwar murren, aber nicht wirklich dagegen an konnte. Wir warteten über eine halbe Stunde auf den Repräsentanten des Veranstalters, der dann auch Einiges zu hören bekam. Er reagierte arrogant und meinte sinngemäß, was wir denn wollten und wir sollten froh sein, denn bei einem Preis von 160 Euro für Fahrt und Nächtigung ist eben nicht mehr drin. Nachdem er sich und sein Unternehmen beweihräuchert hatte, er Ausflugspakete um 140 Euro unters Volk brachte, kriegten wir endlich die Zimmer zugewiesen. Wir hatten das Glück, Raum Nr. 6 im Parterre beziehen zu dürfen. Dieser war sehr klein, enthielt allerdings zwei Betten, einen Tisch und eine kleine Nasszelle. Kasten, Safe oder Minibar fand man dort nicht. Die Angst, die startenden und landenden Flugzeuge könnten den Schlaf verhindern, war nicht gegeben, da die Fenster schalldicht waren. Dafür hörte man alles aus dem Nebenraum, die Wasserpumpe machte einen durchgehenden Schlaf für mich unmöglich. Es hätte zwar die Chance bestanden, mit einem Shuttle-Bus und der S-Bahn in die Stadt zu fahren, doch wäre dies viel zu zeitaufwändig gewesen. Im Hotel konnte man zwar auch zu Abend essen, doch fand das Buffett keinen Anklang bei uns. Man nannte uns ein kleines Chinarestaurant, in welchem wir während der vier Abende jeweils speisten, was zur Folge hat, dass die chinesische Küche derzeit eher nicht zu meinen Bevorzugten gehört. Wir aßen aber sehr gut und relativ preiswert.
Bedingt durch die andauernden Unterbrechungen während der Busfahrt, holte sich mein Körper den Schlaf, den er benötigte, sodass ich einigermaßen ausgeruht aus dem, nicht sehr bequemen Bett stieg. Das Frühstück war, für österreichische Verhältnisse, nicht sehr üppig. So kam es vor, dass Gäste, welche relativ spät in den Speiseraum kamen, vor leerem Buffett standen. Während unseres Aufenthaltes war prinzipiell um 8.15 Uhr Abfahrt. Sonntagsbedingt gab es kaum Verkehr, sodass wir ohne Stau zu dem Treffpunkt gelangten, wo unsere Reiseleiterin zustieg. Sie nannte zwar ihren Namen, doch konnte ich mir diesen nicht merken, sodass sie auf die Kurzform Pauline reagierte. Sie spricht ausgezeichnet deutsch. So erzählte sie uns auch viel über das Leben und die Sehenswürdigkeiten ihrer Heimatstadt. Paris hat im Zentralbereich 2 Millionen Einwohner, im Großraum der Stadt, wo auch der Flughafen liegt und der an die 100 Kilometer Ausdehnung hat, sind 12 Millionen Leute angesiedelt. Unser erster Halt war bei Notre Dame, die Kathedrale, die nicht nur durch den weltberühmten Roman und das Schicksal des buckligen Quasimodo bekannt ist. Wir durchschritten sie während eines Gottesdienstes. Ich fand, dass die Andacht durch die vielen BesucherInnen nicht gerade gefördert wird, doch sagte man mir, dass zwischen den durchschreitenden Massen und den Stühlen, wo man beten kann, genügend Abstand ist. Das Mittagessen nahmen wir in einem Lokal ein, das noch weniger Charme als ein Bahnhofsrestaurant versprühte. Die Speisen selbst waren aber gut. Die Höhepunkte am Nachmittag waren Camps Elysee, Triumphbogen, Louvre, Trocardero, Champs de Mars und Place de la Concorde. Obwohl es uns der, mir unsympathische Mensch vom Reiseveranstalter, auszureden versuchte, fuhren wir auf den Eiffelturm. Wir mussten uns zwar über eine Stunde gedulden und anstellen, bis wir mit zwei Aufzügen zunächst in Etage zwei und danach bis auf 310 Meter Höhe fahren konnten. Die letzte halbe Minute der Fahrt war akustisch äußerst interessant, denn ich konnte sehr gut hören, dass der Turm immer enger wurde. Auf der Aussichtsplattform bot sich nicht nur ein herrlicher Blick über das sonnendurchflutete Paris und auf die, Ameisen ähnliche Menschenmenge, sondern ich konnte auch gut hören, wie hoch ich über dem Boden war. Nach diesem absoluten Highlight ging es mit dem Bus an die Seine, auf der wir in einer 70minütigen Tour an den, schon beleuchteten Sehenswürdigkeiten vorüber fuhren, wobei via Lautsprecheransagen in fünf Sprachen die Erklärungen zu hören waren. Eine Fahrt mit dem Bus durch das abendlich/nächtliche Paris war der Abschluss, wobei der Eifelturm anlässlich seines 190sten Geburtstages mit, stündlich abwechselnden Lichtreflektionen bestrahlt wurde. Gegen 20.30 Uhr saßen wir bei "unserem" Chinesen und speisten zu Abend.
Obwohl der Körper Ruhe verlangte, bekam er sie nur geteilt. Die Geräusche innerhalb des Hotels erlaubten keinen ununterbrochenen Schlaf. Immer wieder rissen mich die Geräusche der sich duschenden Nachbarn oder das Zuschlagen einer Türe aus den Träumen. Zur vorgesehenen Zeit wurden wir zur Reisepräsentation gekarrt, die ich über mich ergehen ließ. Fairerweise muss ich sagen, dass der Mann die Angebote relativ interessant präsentierte, wenngleich ich die Art, die Gäste zu duzen und mit ihnen so zu reden, als wäre man gut befreundet, als unpassend und störend empfand. Hervorzuheben ist auch, dass man zu dieser Präsentation nicht gezwungen wurde, sich während des gesamten Aufenthaltes auch alleine durch Paris bewegen hätte können. Nach dem Mittagessen, das zur Reiseshow gehörte, fuhren wir zum Künstlerviertel Monmatre, dessen Athmosphäre mit den vielen Portraitmalern, Musikern und Souvenierständen einzigartig ist. Die weltberühmte Kathedrale Sacre Coeur ist nicht nur wegen der vielen Kerzen und dem, dadurch entstehenden Licht, sehenswert, sondern strahlt auch viel mehr Ruhe aus als der Dom in Notre Dame. Diesmal endete die Fahrt schon um 17.30 Uhr. Eine Stunde später gingen wir erneut in das, bereits bekannte Lokal. Ich traute meinen Ohren nicht, als ich eine Frauenstimme meinen Namen sagen hörte und reagierte zunächst auch gar nicht darauf, weil ich nicht damit rechnete, Bekannte zu treffen. Erst beim zweiten Mal stoppten wir unseren Weg zum freien Tisch. Ein Ehepaar, das mich in meiner Internats- und Jugendzeit als ErzieherIn begleitete, nächtigte im gleichen Hotel, war aber zwei Tage später angereist. Das waren allerdings nicht die einzigen Menschen, die uns kannten, denn auch die Inhaberin eines Geschäftes in unserem Einkaufszentrum war unter den TouristInnen. Wie klein doch die Welt ist!
Nach einer äußerst unruhigen Nacht und einer Fahrt im Stau des morgendlichen Berufsverkehrs, kamen wir beim weltberühmten Schloss des Sonnenkönigs an. Man gönnte uns genügend Zeit, um nicht nur durch die Gärten zu flanieren, sondern auch die Prunkräume zu besichtigen. Da wir dies während unserer ersten Parisreise bereits taten, beschränkten wir uns darauf, die prächtige Anlage zu durchwandern. Wieder im Stadtzentrum angekommen, folgten wir einer Tradition, suchten und fanden ein McDonalds-Restaurant, bevor wir im weltberühmten Kaufhaus Lafayette stöberten. Der Gang durch das Altstadtviertel brachte keine besonderen Eindrücke, war aber recht lustig, da Pauline richtig auftaute. Bedingt durch den Berufsverkehr, kamen wir erst um 18 Uhr nach Hause und verbrachten den Abend ähnlich den vorhergehenden.
Ich empfand es schon als Erlösung, als das Telefon um 5.30 Uhr klingelte. Da wir ja eine weitere Strecke vor uns hatten, mussten wir bereits um 6.45 Uhr aufbrechen, was auch geschah. Die Rückfahrt verlief zügiger. Alois hielt die, gesetzlich verpflichtenden Stopps natürlich ein, wurde bei der Autobahnraststätte Bayerwald von einem Kollegen abgelöst, der mit uns nonstop nach Wien durch fuhr. Die Fahrt im bequemen Reisebus wurde mit Kühlschrank, Kaffeemaschine und Toilettanlage an Bord etwas erleichtert. Abgesehen von einigen Nörglern, war die Gruppendynamik bald gegeben und es herrschte eine positive Stimmung unter den Menschen. Ziemlich genau fünf Tage, nachdem wir die Wohnung verließen, kamen wir auch wieder daheim an und die Reise endete so, wie sie begann, nämlich bei Regen.
Ich war mir nicht sicher, ob mir eine Bustour gefallen könnte. Die Erlebnisse in Paris trugen sehr zu einem positiven Eindruck bei, das stundenlange Sitzen in dem, zwar recht bequemen Fahrzeug hat aber die Überzeugung reifen lassen, dass diese Art von Urlaub mehr Stress, als Erholung für mich bringt.
© 2010 by Walter Lindner
Erstellt am Do, 21.10.10, 13:46:09 Uhr.
URL: http://anderssehen.at/alltag/reise/paris.shtml