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Jamie
Aus dem Tagebuch eines angehenden Blindenhundes

Hab ich Euch schon von unserem neuen Haus erzählt? Nein? Dann wird es Zeit! Birgit und Simone kauften es Ende letzten Jahres- extra für uns Hunde! Denn es sind fast 3000 Quadratmeter Grund für genügend Auslauf da, was Marusa und ich schon ausgiebig nutzten. Es wird niemals langweilig. Man kann am ca. 20 m hohen Hang seine Kletterkünste erproben, von oben auf die kleinen Menschen herabblicken und sich todesmutig in die Tiefe stürzen. Auf der oberen Ebene gibt es massenhaft Büsche, Brombeergesträuch und Bäume, halb verrottete Zäune umfassen das Gelände, in dem der Vorbesitzer Mufflons und Rehe hielt. Wenn man sehr intensiv schnüffelt, erhascht man noch einen fernen Geruch nach Wild. Oder man klettert unten am Haus über Schutthaufen, sucht in den Altkleidern des Vorbesitzers nach Pantoffeln mit herrlichem Schweißgeruch und prüft, ob Simone die Abfallsäcke richtig sortiert hat. Diese haben sich nun aber langsam dezimiert und die Menschen sind dazu übergegangen das über 100 Jahre alte Haus zu renovieren. Wenn das Durchstemmen der Wände nicht so laut wäre, würde ich mich ja beteiligen, aber mein empfindliches Hörorgan zwingt mich zur Flucht. Außerdem kann man nie wissen, wann die erste Wand oder das Dach einstürzt. Falls mich mal jemand besuchen will, die Adresse ist: Hinterholz 8, Gemeinde Neustift-Innermanzing.

Wenn man Glück hat, vergisst jemand das Gartentor zu schließen. Leise und verstohlen kann ich mich dann auf das Nachbargehöft schleichen und den Misthaufen inspizieren, der dank des Ponies immer leckere frische Pferdeäppel enthält. Bewacht wird er nur von 2 behäbigen Golden Retriever-Damen sehr fortgeschrittenen Alters, die über Marusas und meinen Übermut nur ihre greisen Häupter schütteln. "Diese Jugend heutzutage. Damals war alles anders."

Mehr in Acht nehmen muß man sich da schon vor dem Schäferhund Igor. Er wohnt vor unserer Brücke, die gleichzeitig unsere Hofeinfahrt ist und muß mir bei jedem Vorbeitraben erklären, wer hier der Chef ist. Ich gebe lieber klein bei und werfe mich auf den Rücken, dann passiert mir nichts. Er wird auch von seinem Herrchen immer gleich zurückgepfiffen.

Auch bei diesem schönen Winterwetter, ja sogar bei trübem Regen, ist eine Wanderung in der umgebenden schönen Landschaft zu empfehlen. Wir Hunde müssen leider oft an der Leine ausgeführt werden, weil es hier im tiefsten Wienerwald viel Wild gibt. Simone sagt, die armen Hasen und Rehe sollen nicht erschreckt werden. Dabei will ich doch nur mit ihnen spielen. Sie flitzen auch immer sofort weg, was ich als Fangaufforderung verstehe. Die Menschen sehen das anders. Auch in unserem Haushalt habe ich an dieser Tatsache zu leiden. Es passiert hin und wieder, dass die Kaninchendamen Flocke und Dinja sich bei Birgit beschweren, ich würde sie jagen. Das ist gemein, weil sie mich erst dazu auffordern. Ich kriege dann mächtig geschimpft. Noch schlimmer ist Kater Macak. Zuerst versucht er immerzu meine wedelnde Rute zu fangen oder patscht mit seiner Tatze in mein Gesicht, so dass ich schon drei Kratzer auf meiner Nase habe. Wenn ich mich dann aber wehre, kommt gleich von irgendwoher eine menschliche Stimme: "Jamie, pfui!" So lernt man, ein tolerantes Familienmitglied zu werden. Leider bin ich vom Toben auf der Baustelle abends so müde, dass mir die Augen beim Schreiben dieser Zeilen schon zufallen. Ich wünsche Euch deshalb eine gute Nacht, schlaft schön!

Euer Jamie

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© 2004 by Simone
Erstellt am Do, 26.02.04, 11:50:19 Uhr.
URL: http://anderssehen.at/hund/jamie7.shtml

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